Proodos

Empedotimos: «ΠΡΟΟΔΟΣ», in: empedotimos.blogspot (März 2008). URL: https://empedotimos.blogspot.com/2008/03/blog-post_08.html (zuletzt abgerufen am 18.04.2020). Aus dem Griechischen ins Deutsche von Stilian Korovilas.

Wie wir bereits gesehen haben, besteht der Sinn der Proodos [Hervorgang] darin, dass das Seiende von einem zum nächsten, schwächeren Zustand übergeht, während die umgekehrte Entwicklung Epistrophe [Rückkehr] genannt wird.

Die Arten der Proodos sind die folgenden:

Proodos kath‘ enosin: betrifft die überseienden Henaden.
Proodos kata tautotita: betrifft die ungeteilte Ousia, wo das, was hervorgeht, in gewisser Weise dem gleicht, was übrig bleibt.
Proodos kata Omoiotita: betrifft die mittleren und letzten Wesen.
Proklos, Kommentare zum Parmenides, 745.15

Über die Proodos der Henaden aus dem Einen werden wir später sprechen, wenn wir uns den Henaden zuwenden. Die Frage, die sich stellt, ist, weshalb die Proodos bis zum Schluss, zur Materie weiter geht und nicht bei den Göttern anhält.

Die Antwort ist, weil das Göttliche gut [agathon] ist, neigt es seiner Natur nach zum Hervorbringen. Würde es also aufhören, hervorzubringen, würde es automatisch nicht mehr gut sein, was dem Göttlichen nicht möglich ist. Jede Hypostase des Göttlichen bringt demnach niedrigere Hypostasen hervor bis zur untersten Materie, die nicht mehr über diese Macht verfügt.

Diese Macht ist das Apeiron [Unendliche]. Es existiert in zwei Zuständen, potentiell und aktiv. Zunächst ist diese Macht nur potentiell vorhanden (Proklos zufolge verbirgt sie sich und in Platons «Parmenides» taucht sie gar nicht auf) und äußert sich in schwächer werdender Weise, während die entsprechende aktive Macht sich in stärker werdender Weise äußert, bis das potentielle Apeiron zum Schluss, bei der Materie angelangt, vollständig aufgebraucht ist und die Materie in eine Situation gerät, aus der sie nicht von allein «zurückfinden» kann, sondern überaus «empfänglich» für Wirkungen ist, durch die sie wieder in höhere ontische Bereiche gelangen kann.

«Alles, was hervorbringt, ist dem Hervorgebrachten in Güte überlegen. Nach den Göttern erhalten die niedrigeren Wesen bis hin zur Materie eine Daseinsgrundlage [Hypostase].»
Proklos, Kommentare zum Timaios, Β 373.5

Wenn die Proodos nur bis zu den Göttern reichen würde, wäre alles von nicht-gütiger Art. Denn die ersten würden den letzten Platz einnehmen und ihre Güte verlieren, und alles, was sie aufgrund ihrer eigenen Güte hervorbringen können und wollen, käme als letztes dran und wäre unfruchtbar, nicht etwa gut, denn wie könnte es gut sein, wenn das Göttliche unfruchtbar wäre
Proklos, Kommentare zum Timaios, Β 372.18

Zur Person: Vyron Zattas, bekannt als Empedotimos, ist ein hellenischer Autor und Blogger, der an der Fakultät für Physik und Mathematik der Universität Athen studierte und aufgrund seiner Artikel über die platonische Philosophie und die archäologischen Ausgrabungen in Amphipolis einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangte. Empedotimos gehört zur Schule der Orphisch-pythagoreisch-platonischen Philosophie (OPPP). Durch seinen Blog hat er die OPPP in Griechenland bekannt und einer breiteren Masse zugänglich gemacht.