Die unbeglichene Schuld

Der orthodoxe Metropolit von Kalavrita und Aegialia Ambrosios hat einen Artikel (Romfea) über das Vorhaben der Regierung in Griechenland, die Beziehungen zwischen Staat und Kirche neu zu ordnen, geschrieben und behauptet darin, dass der Ministerpräsident Griechenlands von «fremden Mächten rekrutiert» wurde, um «unser Griechenland zu zerstören, seinen orthodoxen Charakter und seine Orientierung zu verändern, um aus Griechenland schließlich einen ‹religiös neutralen› Staat zu machen!» Doch diese Vorwürfe des kontroversen Metropoliten brauchen uns an dieser Stelle nicht zu interessieren. Was uns wirklich beschäftigt, ist die Behauptung des Ambrosios, dass Griechenland seine Existenz der Kirche zu verdanken hat. Ambrosios bezieht sich hier auf die nationale Legende von der revolutionären Rolle der Kirche im Unabhängigkeitskrieg Griechenlands gegen die osmanische Herrschaft (1821-1831). Es handelt sich um eine Legende, die in den Schulen als Tatsache gelehrt und an den Nationalfeiertagen pompös zelebriert wird, eine Legende, die wesentlich zur Identitätsbildung des modernen Griechenlands beigetragen und letztlich zur unhaltbaren Identifikation von Hellenentum und orthodoxem Christentum in der neugriechischen Gesellschaft geführt hat. Die Kirche hört nie auf, die Menschen in Griechenland an ihren angeblichen Kampf um die Freiheit des Landes, an die heroische Opferbereitschaft ihrer Kleriker und ihre «vielen» Märtyrer zu erinnern. Und wie nicht anders zu erwarten, bläst Ambrosios in seinem Artikel ins gleiche Horn. Die Kirche lässt keine Gelegenheit aus, die (Märchen)Geschichte ihres angeblichen Kampfes zu erzählen, des Kampfes «für den Glauben und das Vaterland», wie Ambrosios schreibt, und damit natürlich, weshalb sie sich ihre Privilegien und ihre politische Macht wohl verdient hat. «Die Schuld des Staates gegenüber der Kirche wird immer eine UNBEGLICHENE SCHULD bleiben», erklärt uns der Oberbischof.

Wir Hellenen hingegen hören nie auf, die Kirche (und Herrn Ambrosios) an ihre Verbrechen gegen die griechische Kultur zu erinnern. Und wir vergessen nie den Ethnozid am Hellenentum, die Hellenen, welche die Kirche in ihrem langen Kampf gegen den «Götzendienst» ermordet hat. Daher ist die einzige unbeglichene Schuld, die wir anerkennen, die Verfolgung unseres Volkes, die Zerstörung unserer Lebensweise und die «Ströme griechischen Blutes», die für das Verbrechen der «Evangelisierung» geflossen sind. Das ist die unbeglichene Schuld der Kirche. Die unbeglichene Schuld der Kirche gegenüber Griechenland – und nicht umgekehrt.