Die charakteristischen Merkmale des Hellenismos

Aus dem Memorandum des Obersten Rates der ethnischen Hellenen («2006») an den griechischen Staat zur rechtlichen Anerkennung der hellenischen Religion. Übersetzt von Stilian Ariston Korovilas, Munikhion, 2. Jahr der 698. Olympiade.

Memorandum

Die Hellenische ethnische Religion[1] ist:

 

autochthon: weil sie sich über Jahrtausende hindurch theologisch und kultisch «auf natürliche Weise» im spezifischen geographischen Raum bildete, in dem die freie hellenische Ethnie gelebt und sich entwickelt hat; wahrlich eine besondere und einzigartige Religion, ist sie mit allen Elementen der Hellenizität zusammengewachsen und harmoniert vollkommen mit dem speziellen Charakter des väterlich-mütterlichen Landes der Hellenen, sowie mit der besonderen Mentalität der Menschen, die es bevölkerten, also der Hellenen.

natürlich: denn sie wurde nicht durch einen Menschen gegründet, im Gegenteil: ihre Theologie und ihr Götterkult bildeten sich auf «natürliche»[2] und logische Weise, über eine viele Jahrtausende hinweg anhaltende Beobachtung der Welt und einer unaufhörlichen Annäherung an die Götter durch unzählige vergeistigte und gebildete Menschen höchsten intellektuellen Niveaus. Immerhin haben diese Menschen den Grundstein für das kulturelle hellenische Wunder gelegt und entwickelt. Als solche, als eine natürliche Religion also, hat die ethnische hellenische Religion alle älteren Traditionen, Überzeugungen und Praktiken respektiert, und tut es immer noch, jedoch ohne in Geiselhaft von «Orthodoxien» und «heiligen Schriften» zu geraten. Sie bleibt dynamisch, in Entwicklung und steht in keinem Verhältnis zum jeweiligen moralischen, intellektuellen und darüber hinaus kulturellen Umfeld ihrer Mitglieder.

präexistent: denn ihr Götterkult wird seit ältester Zeit, die sich in der dunklen Frühzeit verliert, bis heute abgehalten. Folglich ist sie älter, als jede «bekannte» oder unbekannte Religion unserer Heimat.[3]

organisch: da sie keine [vom Rest] abgetrennte Religion darstellt und keine Berufspriesterschaft unterhält. Damals wie heute bildet sie bloß einen organischen Aspekt der gesamten politischen und kulturellen Hypostase der Gemeinden der ethnischen Hellenen.[4] Die ethnische hellenische Religion ist präsent in der Philosophie, in der Kunst, im Theater, in der Musik, im Tanz bzw. im alltäglichen politischen und sozialen Verhalten («Ethos»), das in der Summe genau das ergibt, was wir Tradition nennen.

polytheistisch: denn sie erkennt das natürliche Gesetz der notwendigen Vervielfachung des Seienden an. Das «aus sich selbst entstandene» Weltall stellt die einzig existente Wirklichkeit dar, das Óntos on.[5] Die (jedwede) demiurgische Ursache befindet sich innerhalb des Weltalls, und die Götter, die Wesen und nicht Personen sind, bilden unsterbliche, organische Teile desselben, damit beauftragt, seine wunderbare Ordnung zu erhalten.

historisch und allgemein bekannt: denn als das wesentliche Element der althellenischen Kultur ist sie in ihrer offiziellen, antiken und staatlichen Form allen gebildeten Menschen auf der Welt bekannt, und das gilt auch für ihre heutige Form, zumindest im Bezug auf die Menschen, die sich mit den kulturellen und religiösen Fragen seit der Zeit ihrer öffentlichen Rückkehr beschäftigen; sichtlich im Besitz der Nomizomena der antiken Religion,[6] zeigt sie öffentlich ihren Kult und ihre Lehren, verfolgt ihre Verbreitung nicht mittels unfreien Mitteln noch entgegen dem freiheitlichen Geist der Religionsfreiheit.

lebendig: denn trotz den vernichtenden Verfolgungen,[7] denen sie ausgesetzt war und die zur Folge hatten, dass sie sich zwangsweise unsichtbar machen musste, hat sie je nach Region und zu verschiedenen Zeitpunkten, insbesondere zwischen dem 5. und 10. Jahrhundert seit Beginn der christlichen Zeitrechnung, ihre zeitlose und historisch nachweisbare kontinuierliche Existenz jedes mal unter Beweis gestellt, wenn die allgemeinen Rahmenbedingungen dies erlaubt haben.

ethnisch: denn sie verehrt ihr ureigenes ethnisches[8] Pantheon und besitzt ihre ureigenen kosmogonischen Erzählungen; sie spiegelt einzig und allein die Weltanschauung, Seinsweise und Tradition der hellenischen Ethnie wider, und zwar seit alters her bis zur Epoche der gegen sie gerichteten Verfolgungen durch das Oströmische Reich.[9]

 

 

Anmerkungen des Übersetzers:

1. offizielle Bezeichnung der hellenischen Religion in Griechenland.

2. sie ist also wie alle ethnischen Religionen natürlich gewachsen.

3. Griechenland. Als «bekannt» werden in Griechenland alle Religion bezeichnet, die vom Staat anerkannt werden.

4. der aus Griechenland stammenden Menschen, die dem Ethos nach Hellenen und somit Träger der echten hellenischen Identität sind (→ der Identität, die direkt von der hellenischen Ethnie stammt).

5. das «wirklich Seiende».

6. ta nomizomena: die herkömmlichen, traditionellen Sitten und Meinungen.

7. 4. bis 10. Jh.

8. Das Adjektiv ethnisch wird im Hellenismos im ursprünglichen Sinne verwendet, d.h. im Sinne von «autochthon, eingeboren, indigen, von der Ethnie oder zur Ethnie gehörend».

9. auch bekannt als «Byzantinisches Reich».